Elektronischer Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bei Vollstreckungsbescheiden, § 829a ZPO - Anwaltspraxis Magazin (2024)

§ 829a ZPO ermöglicht es, Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf elektronischem Weg zu übermitteln. Die amtlichen Formulare nach der ZVFV sind auch bei dem vereinfachten Verfahren zu nutzen.

Bei dem elektronischen Antrag nach § 829a ZPO bedarf es nicht der Übermittlung der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides in Papierform.

Vorteile:

  • Das vereinfachte Vollstreckungsverfahren nach § 829a ZPO hat gegenüber dem Antrag auf postalischem Wege den Vorteil der Zeitersparnis. Insbesondere im Bezug zu weiteren Gläubigern kann der Antrag mittels elektronischer Übermittlung zu einem besseren Rang führen, § 804 Abs. 3 ZPO.
  • Die vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides verbleibt beim Gläubiger(-vertreter), sodass ein Verlust der Ausfertigung auf postalischem Wege – und einem damit verbundenen weiteren Arbeitsaufwand und des Zeitverlustes (Rangverlust) – ausgeschlossen ist.
  • Eine Vorschusspflicht für die Verfahrensgebühr nach KV Nr. 2111 besteht gem. § 12 Abs. 6 S. 2 GKG nicht.

Die elektronische Übermittlung ist seit dem 1.1.2018 bei allen Vollstreckungsgerichten möglich.

Voraussetzungen:

Der elektronische (vereinfachte) Antrag ist möglich, wenn:

§ 829a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO:

die sich aus dem Vollstreckungsbescheid ergebende fällige Geldforderung einschließlich titulierter Nebenforderungen und Kosten nicht mehr als 5.000 Euro beträgt; Kosten der Zwangsvollstreckung sind bei der Berechnung der Forderungshöhe nur zu berücksichtigen, wenn sie allein Gegenstand des Vollstreckungsantrags sind;

Das heißt, dass der Zwangsvollstreckung ein Vollstreckungsbescheid zugrunde liegen muss. Unstreitig findet die Norm keine Anwendung, wenn die Zwangsvollstreckung zwischen den im Vollstreckungsbescheid benannten Parteien und nicht für und / oder gegen Rechtsnachfolger erfolgen soll, also wenn eine Rechtsnachfolgeklausel gem. §§ 727, 796 Abs. 1 ZPO benötigt wird.

Die titulierte Geldforderung darf einschließlich der titulierten Nebenforderung, zum Beispiel in Form von Zinsen, und der titulierten Kosten 5.000 EUR nicht übersteigen. Bisherige Kosten der Zwangsvollstreckung sind bei der Bestimmung der Wertgrenze nicht zu berücksichtigen. Es sei denn, sie sind allein Gegenstand des Vollstreckungsantrags oder wenn sie bereits tituliert (§ 788 ZPO) sind. Ansonsten können die bisherigen Kosten der Zwangsvollstreckung zusammen mit den titulierten Ansprüchen unbegrenzt beigetrieben werden. Die Kosten sind jedoch mit einer nachprüfbaren Aufstellung und entsprechenden Belegen als elektronisches Dokument nachzuweisen.

§ 829a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO:

die Vorlage anderer Urkunden als der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides nicht vorgeschrieben ist;

In der Regel sind bei der Zwangsvollstreckung aus Vollstreckungsbescheiden ohne Vollstreckungsklausel (siehe Nr. 1a) keine weiteren Urkunden beizufügen. Eine Ausnahme liegt nur vor, wenn die Zwangsvollstreckung gem. § 769 Abs. 1 ZPO, § 707 Abs. 1 ZPO und § 719 Abs. 1 ZPO nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf. In diesem Falle ist das vereinfachte Verfahren nach § 829a ZPO nicht möglich.

§ 829a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ZPO:

der Gläubiger eine Abschrift des Vollstreckungsbescheides nebst Zustellungsbescheinigung als elektronisches Dokument dem Antrag beifügt und

Dem elektronischen Vollstreckungsauftrag muss eine Abschrift des Originals des Vollstreckungsbescheids sowie der Bescheinigung über seine Zustellung beim Schuldner beigefügt sein. Praktischerweise geschieht dies durch elektronische Übermittlung des vom Rechtsanwalt eingescannten Vollstreckungsbescheides.

§ 829a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 ZPO:

der Gläubiger versichert, dass ihm eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und die Forderung in Höhe des Vollstreckungsantrags noch besteht.

Die Versicherung des Gläubigers, dass ihm die Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und die Forderung in Höhe des Vollstreckungsantrags noch besteht, muss in einem gesonderten Übersendungsanschreiben – als elektronisches Dokument – enthalten sein. Die Versicherung kann nicht in dem amtlichen Formular zum Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eingetragen werden.

§ 829a Abs. 1 S. 2 ZPO:

Sollen Kosten der Zwangsvollstreckung vollstreckt werden, sind zusätzlich zu den in Satz 1 Nr. 3 genannten Dokumenten eine nachprüfbare Aufstellung der Kosten und entsprechende Belege als elektronisches Dokument dem Antrag beizufügen.

Die Vorschrift macht die Vorlage einer nachprüfbaren Aufstellung der bisher entstandenen Kosten der Zwangsvollstreckung und entsprechender Belege in elektronischer Form erforderlich, wenn bisher entstandene Vollstreckungskosten mit vollstreckt werden sollen. Praktischerweise geschieht dies durch elektronische Übermittlung der vom Rechtsanwalt eingescannten Nachweise und der Kostenaufstellung im PDF-Format.

§ 829a Abs. 2 ZPO:

Hat das Gericht an dem Vorliegen einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides oder der übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen Zweifel, teilt es dies dem Gläubiger mit und führt die Zwangsvollstreckung erst durch, nachdem der Gläubiger die Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides übermittelt oder die übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen nachgewiesen hat.

Tatsächliche Zweifel am Vorliegen einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides kann das Vollstreckungsgericht wohl nur haben, wenn aufgrund der (Un-)Lesbarkeit des elektronischen Dokuments Anhaltspunkte für eine Manipulation der Kopie des Vollstreckungsbescheides (Änderungen der Parteien oder der Forderung) vorliegen. In diesem Falle kann der Rechtspfleger die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides in Papierform anfordern, um die Zweifel zu beseitigen.

Zusammenfassung:

Die Möglichkeit des vereinfachten Zwangsvollstreckungsauftrags bei Vollstreckungsbescheiden wird – wie es die Praxis zeigt – noch eher selten von den Gläubigervertretern genutzt. Dabei hat das Verfahren zahlreiche Vorteile für den Gläubiger. Daher ist es wichtig, dass die Voraussetzungen für den elektronischen Antrag vorliegen und vorab durch den Gläubigervertreter geprüft werden.

Ausblick:

Der Verzicht des Gesetzgebers auf die Vorlage der Ausfertigung des Titels im formellen Zwangsvollstreckungsverfahren ist ein Kompromiss, damit das elektronische Verfahren auch im Bereich der Zwangsvollstreckung angewendet werden kann. Aus BT-Drucks 18/7560, 35 ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Beschränkung des elektronischen Antrags auf den Vollstreckungsbescheid lediglich als Testphase sieht und eine Öffnung für weitere Titelarten geprüft wird.

Meines Erachtens kann dies nicht die Lösung für die Zukunft sein, da damit der bewährte Schutzmechanismus der Vorlage der Ausfertigung des Vollstreckungstitels wegfällt. Vielmehr sollten im digitalen Zeitalter neue Institute – wie ein elektronischer Titel oder ein elektronisches Titelregister – durch den Gesetzgeber geschaffen werden.

Elektronischer Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bei Vollstreckungsbescheiden, § 829a ZPO - Anwaltspraxis Magazin (2024)
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